Wittel, A. ORCID: 0000-0002-4680-6670, 2018. Wenn Medien und Gesellschaft verschmelzen: Warum Marx als Medientheoretiker entdeckt wird. Maske und Kothurn (1-2), pp. 14-27. ISSN 0025-4606
|
Text
1405464_Wittel.pdf - Published version Download (256kB) | Preview |
Abstract
Es ist sicherlich wenig überraschend, dass Karl Marx und marxistische Theorien sich in der derzeitigen tiefgreifenden Krise des Kapitalismus großer Beliebtheit erfreu-en. Dass seine Beliebtheit in den letzten beiden Jahrzehnten auch auf die Medien-und Kommunikationstheorie übergegriffen ist, scheint hingegen erklärungsbedürftig. Denn dies war beileibe nicht immer so. So hat etwa in den 1970er Jahren der kanadi-sche Medienforscher Dallas Smythe die Analyse von Medien und Kommunikation als einen ›blind spot‹, als toten Winkel der westlichen marxistischen Theorie verstanden.
1Ist Marx auch ein Medien-und Kommunikationstheoretiker? Smythe hat diese Frage nicht explizit gestellt. Er hätte wohl geantwortet, dass Marx in erster Linie ein Sozial und Wirtschaftstheoretiker ist, dass jedoch seine politische Ökonomie und seine materialistische Methode eine kaum zu überschätzende Ressource zur Analyse von Medien und Kommunikation darstellen.
Obwohl ich einer solchen Sicht im Großen und Ganzen zustimme, ist die Frage von Marx als einem Medientheoretiker im digitalen Kapitalismus damit noch nicht hinreichend beantwortet. Denn zwischen den 1970er Jahren und heute haben sich Medien und Kommunikation so gravierend verändert, dass sich meines Erachtens die Frage erübrigt, ob Marx ein Medientheoretiker ist. Oder anders formuliert: Im digitalen Kapitalismus sind Information und Kommunikation so sehr ins Zentrum aller sozialen und wirtschaftlichen Prozesse gerückt, dass eine klare konzeptionelle Trennung zwischen den Feldern Medien und Gesellschaft nicht mehr produktiv ist. Im digitalen Kapitalismus ist Gesellschaft schlichtweg nicht mehr ohne Informations- und Kommunikationstechnologien zu denken. Und umgekehrt sind Medien heute nicht mehr nur Artefakte mit Inhalten und Bedeutungen, sondern soziale und ökonomische Regime.
Dieser Beitrag hat drei Teile. Im ersten Teil wird die Relevanz von Marx für die Analyse von Massenmedien erörtert. Es wird gezeigt, dass und warum im Zeitalter der Massenmedien die Reichweite marxistischer Konzepte in der kritischen Medien-theorie eher begrenzt war. Im zweiten Teil wird die These entwickelt, warum im di-gitalen Kapitalismus Medien und Gesellschaft verschmelzen. Im dritten Teil werden dann die Auswirkungen dieser Entwicklung für eine marxistische Analyse des digita-len Kapitalismus diskutiert. Dieser Teil ist der eigentliche Kern des Beitrags. Hier soll gezeigt werden, warum jetzt alle zentralen Konzepte marxistischer Theoriebildung zur Analyse von digitalen Medien und Technologien fruchtbar gemacht werden können.
Item Type: | Journal article | ||||
---|---|---|---|---|---|
Alternative Title: | Andreas Wittel (Nottingham) | ||||
Publication Title: | Maske und Kothurn | ||||
Creators: | Wittel, A. | ||||
Publisher: | Boehlau Verlag GmbH and Co. KG. | ||||
Date: | 2018 | ||||
Number: | 1-2 | ||||
ISSN: | 0025-4606 | ||||
Identifiers: |
|
||||
Divisions: | Schools > School of Arts and Humanities | ||||
Record created by: | Linda Sullivan | ||||
Date Added: | 22 Feb 2021 09:12 | ||||
Last Modified: | 31 May 2021 15:06 | ||||
URI: | https://irep.ntu.ac.uk/id/eprint/42341 |
Actions (login required)
Edit View |
Views
Views per month over past year
Downloads
Downloads per month over past year